die Ratsmehrheit hat sich gerade dazu entschlossen, einen gut eingearbeiteten Mitarbeiter ohne Not gehen zu lassen. Stellt sich die Frage, wer dann die Pflichtaufgabe der kommunalen Wärmeplanung fortsetzt?
Liebe Kollegen und Kolleginnen, lieber Bürgermeister Andreas Sunder,
lieber Kämmerer Florian Kapp, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, liebe
Zuhörerinnen und Zuhörer, heute stehen wir wieder einmal vor der wichtigen Aufgabe, den Haushalt für das kommende Jahr zu beschließen und die Entscheidungen, die wir heute treffen, werden das Leben der Menschen in Rietberg und den Ortsteilen in den kommenden Jahren prägen.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz – der Weg zu einem auch in Zukunft lebenswerten Rietberg
Klimaschutz ist Menschenrecht! So hat es der internationale Gerichtshof für Menschenrechte erst
kürzlich festgeschrieben. Deshalb sollte gerade unser Haushalt die Werte widerspiegeln, die wir als Klimakommune voranbringen wollen. Wir als Grüne Fraktion setzen uns dafür ein, dass Rietberg seiner Vorreiterrolle im Bereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit weiterhin uneingeschränkt nachkommen kann. Auch und gerade vor dem Hintergrund der immer schwieriger werdenden finanziellen Situation.
Der Klimawandel ist nicht mehr nur eine abstrakte Bedrohung – er ist real und betrifft uns alle.
Es ist höchste Zeit, dass wir in allen Bereichen des städtischen Lebens umdenken und danach
handeln. Laut der aktuellen Jahresbilanz des Deutschen Wetterdienstes ist auch 2024, wie vorher schon
2023, wieder das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen (im Jahr 1881).
Die Welt hat Fieber und wir kennen die richtige Medizin seit mehr als 30 Jahren und sehen doch
nahezu tatenlos zu, wie unsere Lebensgrundlagen sich immer weiter verschlechtern.
So kann das nicht weitergehen!
Immer noch führen Gegner von Klimaschutzmaßnahmen das Kostenargument ins Rennen, wenn
es um Investitionen rund um mehr Klimaschutz geht. Völlig absurd und zu kurz gesprungen, wenn man die Folgekosten der weltweiten Katastrophen mit ins Kalkül zieht.
Hier müssen wir im eigenen Interesse schleunigst umsteuern.
Und diese gewaltige gesellschaftliche Transformation, hin zu mehr Nachhaltigkeit, wird vor allem
von den Kommunen geschultert werden müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Hier liegt natürlich auch die Krux
Das alles wird eine Menge Geld kosten, dass wir aber nicht haben, wie uns der
Haushaltsplanentwurf drastisch vor Augen führt. Nur mit dem Rechentrick des sog. globalen Minderaufwands ist es überhaupt gelungen, unser prognostiziertes Defizit von fast 11 Mio. Euro auf ca. 9 Millionen zu drücken, um nicht schon für 2025 ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen zu müssen.
Aber damit steht Rietberg beileibe nicht allein da. Immer noch lassen Bund und Land die Kommunen im Regen stehen und hunderte Städte und Gemeinden stehen mit dem Rücken zur Wand und kurz vor der Haushaltssicherung. Immer mehr Aufgaben sollen mit immer weniger Geld gestemmt werden, das kann auf die Dauer nicht gutgehen. Die Schuldenbremse ist ein Konjunkturkiller und bremst Unternehmen und Kommunen gnadenlos aus. „Die Schuldenbremse ist eine Investitionsbremse“ so bringt es z. B. das Nachhaltigkeitsforum der Pro Wirtschaft GT auf den Punkt. Hier muss sich also vor allem auf Bundesebene grundlegend etwas ändern. Bleibt abzuwarten, ob es nach der Wahl ein Einsehen gibt und ernsthafte Reformen zur Verbesserung der Lage in den Kommunen ergriffen werden. Vor Mitte nächsten Jahres wird sich da aber voraussichtlich nichts tun, da erst dann mit der Verabschiedung des Bundeshaushalts zu rechnen ist. Sprich, die Kommunen sind auch 2025 wieder weitgehend alleingelassen mit den enormen Herausforderungen unserer Zeit. Sei es die über Jahrzehnte kaputtgesparte Infrastruktur, die Flüchtlingsproblematik, die sich durch den Ukrainekrieg noch einmal dramatisch verschärft hat, der Fachkräftemangel, hier auch besonders in den sozialen Bereichen, denken wir nur an die Pflege und die Kitas. Und dann ist da noch die enorme Zukunftsaufgabe, die essenziell dafür ist, die Lebensgrundlagen
der uns nachfolgenden Generationen zu erhalten, der Klimaschutz. Auch hier sind die Kommunen die Keimzelle für eine nachhaltige Veränderung, zurück in die Zukunft. Nur wenn wir die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, kann dieser lebensnotwendige gesellschaftliche Umbruch dauerhaft gelingen. Hier muss eine Menge Überzeugungsarbeit geleistet werden und hier muss es auch eine Menge Unterstützung geben. Sei es durch Zuschüsse zu notwendigen Investitionen oder durch fachkundige,
unabhängige Beratung.
Die schier unlösbare Aufgabe, alles zu tun, um die Fehler, die in den letzten Jahrhunderten aus Unwissenheit und oft auch aus Gier, begangen worden sind und immer noch begangen
werden, zu berichtigen, sollte uns aufgrund ihrer ungeheuren Bedeutung den Angstschweiß auf
die Stirn treiben und uns erstarren lassen, wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange.
Aber so bin ich nicht gestrickt.
Wie hat schon Martin Luther gesagt:
„Und wenn ich auch wüsste, dass morgen die Welt untergeht, so würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen!“
Also packen wir es an und schauen wir, welchen Beitrag wir in Rietberg zum großen
Ganzen leisten können. Mobilitätswende, Energiewende, Wärmewende, das sind die Aufgaben vor die wir, wie auch jede andere Kommune, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gestellt sind.
Klimaschutz hat Verfassungsrang, und die jeweilige Bundesregierung ist gehalten, alle
Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Das hat das
Bundesverfassungsgericht der scheidenden und auch allen künftigen Regierungen überdeutlich
ins Aufgabenheft geschrieben. Eine Rolle rückwärts in Sachen Klimaschutz wird es also auf keinen Fall geben, ganz egal, wer das demnächst in Berlin am Ruder sein wird, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wenn wir unsere Lebensqualität dauerhaft sichern wollen, müssen wir den einmal beschrittenen
Weg konsequent weitergehen. Wenn man angesichts dieser Tatsachen dann die Diskussion im Haupt- Finanzausschuss der Klimakommune Rietberg verfolgt hat, in der die bescheidene Bitte der Fachabteilung, die Stelle der Klimaschutzmanagerin von 0,6 um einen Stellenanteil von 0,1 auf 0,7 zu erhöhen, mehrheitlich abgelehnt wurde, kann man doch nur noch verzweifeln.
Besonders zynisch dann dazu noch die Begründung zu hören, dass durch die ersatzlose
Streichung des Förderprogramms Klimaschutz ja Arbeitszeitkapazitäten frei geworden seien.
Auch dass, meiner Meinung nach, ein fatales Signal und ein Schritt in die falsche Richtung. Hier
hätte man mit einer Neuausrichtung des Förderprogramms, hin zu neuen, innovativen
Förderfeldern, sicher die bessere Wahl für unsere Bürgerinnen und Bürger getroffen.
Ebenso bedauerlich auch der Wegfall des Programms „Jung kauft Alt“, das jungen Familien den
Start in Rietberg erleichtert, und gleichzeitig zu einer effizienten und fachlich fundierten
Altbausanierung beigetragen hat. Anders sah es zunächst im Bereich der kommunalen Wärmeplanung aus. Hier gab es am Dienstag ja eine hauchdünne Mehrheit für den Vorschlag der Verwaltung, die bisher aus
Bundesmitteln finanzierte Stelle beizubehalten und die Konnexitätsmittel des Landes für die
Weiterfinanzierung zu verwenden. Auf der Grundlage des Wärmeplanungsgesetzes des Bundes ist am 04.12. das Landeswärmeplanungsgesetz verabschiedet worden, welches diese Aufgabe zur kommunalen
Pflichtaufgabe erklärt. Hier gibt es also entsprechende Landesförderungen, um die kommunalen Wärmepläne zu erstellen, fortzuschreiben und Machbarkeitsstudien und letztlich auch die Maßnahmenumsetzung zu begleiten.
Da wir in Rietberg hier die Nase vorn hatten und unser Wärmeplan schon steht, hätten wir die
Landesmittel für die Fortführung der Stelle des Klimafolgenanpassungsmanagers verwenden
können, dessen bisher mit Bundesmitteln geförderte Stelle zum Jahresende ansonsten ausläuft.
Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!
Die Ratsmehrheit hat sich gerade dafür entschieden, einen gut eingearbeiteten Mitarbeiter in
diesem wichtigen Aufgabenbereich ohne Not gehen zu lassen.
Hier hätten zusätzlich auch weitere wichtige Aufgaben wie die energetische Quartierssanierung,
die Sanierungsberatung, die Erreichung der Klimaneutralität in der Stadtverwaltung,
Vorsorgepläne gegen Hitze und Trockenheit, aber auch gegen die Folgen der im Zuge des
Klimawandels immer häufiger auftretenden Starkregenereignisse, kontinuierlich weiterbearbeitet
werden können. Doch nun also Fehlanzeige! Ein Armutszeugnis für die Klimakommune Rietberg. Bleibt die Frage,
wie Rietberg diese kommunale Pflichtaufgabe in Zukunft erfüllen soll.
Es liegt in der Natur der Sache, dass ich mich in meinen Ausführungen im Wesentlichen auf
Strategien zur Abwendung des drohenden weltweiten Klimakollaps und welch wichtige Rolle den
Kommunen dabei zukommt, fokussiert habe. Das weitere Zahlenwerk will ich nicht noch einmal bis ins Detail beleuchten, dies haben ja meine Vorredner schon ausführlich erledigt.
Zum Abschluss vielleicht noch ein paar Schlaglichter auf die künftigen Schwerpunkte unserer
Fraktionsarbeit:
Mehr Nachhaltigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg!
Das habe ich im letzten Jahr schon gesagt und es bleibt dabei, wenn es uns um die langfristige
Konsolidierung unseres Haushaltes geht, liebe Ratskolleginnen und Kollegen, sind nicht weniger,
sondern im Gegenteil, mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit der Schlüssel zum Erfolg.
Um langfristige, zukunftsweisende Einsparungen und Einnahmen zu generieren, müssen wir auch
in den nächsten Jahren weiter verstärkt in nachhaltige kommunale Projekte und regenerative
Energien investieren.
Wie schon in der Vergangenheit werden wir auch 2025 weiterhin versuchen, mit unseren
Vorschlägen für technische Innovationen und nachhaltige Bauweisen und Planungen die Kosten
im Hochbaubereich deutlich zu senken und so die Haushaltskonsolidierung weiter voranzutreiben.
Die Zeiten der Architektendenkmäler sind endgültig vorbei, nachhaltige Zweckbauten von der
Stange in Modulbauweise und der Einsatz von Recyclingbaustoffen, wie wir sie schon seit Jahren
immer wieder gefordert haben, müssen nun endlich Einzug in Planung und Umsetzung städtischer
Bauvorhaben finden.
Ebenso sollten wir zeitnah die Belegung aller geeigneten kommunalen Gebäude mit PV-Modulen,
die ja auf unseren Antrag hin schon seit Jahren Beschlusslage ist, mit Nachdruck umsetzen.
Auch die Maßnahmenvorschläge aus dem kommunalen Wärmeplan beinhalten eine Menge
Einsparpotentiale für Stadt und Bürger:innen, die es zu heben gilt.
Großwärmepumpen für die Versorgung der historischen Innenstadt z. B. auch gespeist mit dem
Wärmepotential des Emswassers und die kostenlose Sanierungsberatung für unsere
Eigenheimbesitzer:innen werden das Stadtsäckel und auch die Konten der Bürgerinnen und
Bürger mittelfristig dauerhaft entlasten.
Es gäbe noch eine Menge zu sagen z. B. über die anstehenden Großprojekte im Schul- und
Sporthallenbau, zu denen ein guter Kompromissvorschlag des Bürgermeisters, der den Start
beider Projekte schon im nächsten Jahr ermöglicht hätte, im Haupt- und Finanzausschuss leider
keine Mehrheit gefunden hat. Zum Einsparpotential im Bereich Hochbau, hatte ich ja schon eingangs einiges gesagt.
Apropos Einsparpotential:
Unser Vorschlag profitierenden Firmen künftig per städtebaulichem Vertrag die Planungs- und
Baukosten für Straßenbauprojekte zu übertragen, wird die klamme Stadtkasse in Zukunft merklich
entlasten können. Außerdem sehen wir im Bereich der organisatorischen Neuausrichtung des Gartenschauparks z.B. durch naturnähere Flächen wie Blumen- und/oder Streuobstwiesen und somit eine extensivere Bewirtschaftung und die Rückführung der GmbH unter das Dach der Stadt, weitere
Einsparmöglichkeiten. In der entsprechenden Arbeitsgruppe haben wir mitgearbeitet und werden es auch weiter tun. Der Verzicht auf die Angebote des grünen Klassenzimmers steht dabei für uns allerdings
keinesfalls zur Diskussion.
Last but not least: Auch die großen bauleitplanerischen Aufgaben, wie das geplante Industriegebiet an der Feldmark oder die Planungen der Firma Kathöfer an der Rottwiese und auch die Westumgehung, die vielen Bürger:innen erhebliche Sorgen bereiten, werden wir weiterhin, wie schon bisher, sehr kritisch
begleiten.
Und nun noch der Form halber, zum Abschluss:
Der Haushaltssatzung der Stadt Rietberg für das Haushaltsjahr 2025 mit Haushaltsplan, Anlagen
und dem Investitionsprogramm stimmen wir, gerade auch vor dem Hintergrund der jüngsten
fatalen Personalentscheidung, nur noch zähneknirschend zu.
Den Finanzplan nehmen wir zur Kenntnis.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Gabriele Siepen
Fraktionsvorsitzende